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Politik hautnah erleben in Fürstenfeldbruck

„Wir reden mit!“ – Stärkung der Jugendbeteiligung durch das Schülerparlament

Kinder- und Jugendbeteiligung an Schulen kann frustrierend sein: Wenig Handlungsspielraum, keine ernstgemeinte Mitbestimmung, immer nur Valentinstag und Faschingsfeiern organisieren. Das Schülerparlament an der Mittelschule Nord in Fürstenfeldbruck wird jetzt durch JMD Respekt Coaches unterstützt. Und es zeigt, wie Schulpolitik aktiv mitgestaltet werden kann.

Mehrere junge Personen sitzen im Kreis.
„Was hat die EU mit dir zu tun?“ Darüber diskutierten die jungen Menschen beim EU-Projekttag.

"Immer sind es die älteren Schüler, die als Schulsprecher gewählt werden", lautete die Beschwerde eines Schülers, der die Idee des Schülerparlaments vor drei Jahren in Fürstenfeldbruck ins Rollen gebracht hat. Daraufhin rief Sabine Kehr, damalige Lehrerin der Mittelschule Nord und jetzt Dozentin an der Universität Würzburg, das Schülerparlament ins Leben. „Das Parlament funktioniert im Prinzip wie der Bundestag. Aus jeder Jahrgangstufe werden zwei Vertreterinnen und Vertreter für eine Legislaturperiode von zwei Schuljahren gewählt“, beschreibt ein aktueller Schülerparlamentarier die Funktionsweise des jungen Parlaments. Aus der 5. bis zur 10. Stufe gibt es somit 12 junge Menschen, die das Parlament bilden.

Seit diesem Jahr wird es durch das Programm Respekt Coaches des Jugendmigrationsdienstes (JMD) des Internationalen Bunds (IB) in Fürstenfeldbruck begleitet. „Nachdem sich die jungen Politikerinnen und Politiker in den letzten zwei Jahren aufgrund der Pandemie vorwiegend online getroffen haben, konnten sie ihrer politischen Arbeit dieses Jahr auch mit Hilfe von JMD Respekt Coaches endlich wieder in Präsenz nachgehen“, erzählt Benedikt Steinbach, Respekt Coach am Standort Fürstenfeldbruck. „Sabine Kehr begleitet und koordiniert das Modellprojekt als Dozentin an der Uni Würzburg auch weiterhin tatkräftig mit.“
 

Schülerinnen und Schüler präsentieren sich im Wahlkampf

Zu Beginn des Jahres konnten alle interessierten Schülerinnen und Schüler in einem schulinternen Wahlkampf für das Schülerparlament kandidieren. In einem Wahlworkshop konnten sie Wahlprogramme entwerfen, Wahlplakate und Wahlflyer gestalten und eine Wahlrede verfassen. Die Wahlkampfthemen der kandidierenden Jugendlichen reichten von der Neueröffnung eines Pausenverkaufs, der Beschaffung eines neuen Fußballtors bis hin zum aktiven Engagement für ein gutes Klassen- und Schulklima.

Der Showdown des Wahlkampfs fand in der Wahlarena statt. Dort mussten die Kandidierenden ihre Wahlreden halten und sich den Fragen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler stellen. „Am Anfang hatten die Jugendlichen noch Bedenken: „Da blamiere ich mich ja, hoffentlich verspreche ich mich nicht“, erinnert sich Benedikt Steinbach an die ersten Eindrücke der Schülerinnen und Schüler. „Aber wir haben die Reden geübt und am Ende gab es viel positives Feedback.“ Die Woche drauf warteten die Jugendlichen jeden Morgen gespannt vor dem Vertretungsplan, bis dort die Wahlergebnisse bekanntgegeben wurden.
 

Nach der Wahl ist vor der eigentlichen Arbeit

Um die Jugendlichen auf ihre politische Arbeit vorzubereiten, wurde durch eine Kooperation mit dem Verein Impro macht Schule e. V. ein eigens konzipiertes Kommunikationstraining durchgeführt. Durch Methoden des Impro-Theaters lernten die Schülerinnen und Schüler, vor einer Gruppe zu sprechen und ihre eigene Meinung und die damit verbundenen Argumente selbstsicher zu äußern. Sie bekamen bestimmte Kommunikationswerkzeuge an die Hand, um Mitschülerinnen und -schüler, Lehrkräfte und die Schulleitung von ihren Anliegen zu überzeugen.

Abbildung zeigt sitzende Personen und eine Person, die aus dem Fenster schaut.

Bei einem Kommunikationstraining lernten die Jugendlichen, selbstsicher vor der Gruppe zu sprechen.

 

Erste Erfolge des Schülerparlaments

Anknüpfend an die vorherige Legislaturperiode des Schülerparlaments setzten sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier weiterhin für die Beantragung eines WLAN-Zugangs für die Schülerinnen und Schüler ein.

Dafür schrieben sie Anträge an die Stadt Fürstenfeldbruck und sprachen mit der IT-Beauftragten der Schule. Es galt, Bedenken der Verantwortlichen über den unsachgemäßen Gebrauch des Internetzugangs aus dem Weg zu räumen.

Die Hartnäckigkeit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zahlte sich aus: „Das Landratsamt will noch dieses Schuljahr in einem Modellprojekt das Schüler-WLAN an der Mittelschule einrichten“, erzählt Benedikt Steinbach vom Erfolg des jungen Parlaments. Und die nächsten Projekte werden bereits geplant: „Die Jugendlichen setzen sich nun für die Anschaffung eines Snack-Automaten ein, an dem es gesunde Kleinigkeiten geben soll, und sie möchten ein eigenes AG-Programm auf die Beine stellen.“
 

Politischer Besuch beim EU-Projekttag

Neben der Schulpolitik beschäftigen sich die Parlamentsmitglieder aber auch mit wichtigen gesellschaftlichen Themen. Zusammen mit dem Respekt-Coaches-Mitarbeiter organisierten sie eine schulinterne Mitmach-Aktion im Rahmen des EU-Projekttages: An verschiedenen Stationen konnten sich Schülerinnen und Schüler der Jahrgangstufen 5-10 unter dem Motto „Was hat die EU mit dir zu tun?“ über Europa und die Europäische Union informieren. Das Highlight des Projekttages war der Besuch der Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler, die den Mitgliedern des Schülerparlaments und der SMV (die Schülervertretung „SchülerMitVerwaltung“) Rede und Antwort stand.

Die Schülerparlamentsvertreterinnen und -vertreter der unterschiedlichen Jahrgänge brachten verschiedene Fragen und Perspektiven mit, erzählt Benedikt Steinbach: „Es ging zum Beispiel viel darum, wie man dazu kommt, politisch aktiv zu sein und wie der Alltag einer Politikerin aussieht. Oder auch um die Europäische Union, welche Länder in die EU aufgenommen werden sollten, und um den Krieg in der Ukraine.“ Bei den Jüngeren waren Themen rund um den Schulalltag präsenter: „Beispielsweise die Frage, ob freitags nicht unterrichtsfrei sein sollte.“
 

Jugendbeteiligung stärken

Das Modellprojekt in Fürstenfeldbruck zeigt deutlich, dass die Kinder- und Jugendbeteiligung an Schulen auch von den dafür vorhandenen Strukturen abhängig ist. Die Erfahrung von wirklicher Beteiligung kann Schülerinnen und Schüler darin bestärken, sich auch nach der Schule in Gesellschaft und Politik zu engagieren. „Oft sagen Leute, ich bin nur im Schülerparlament, um die Schule zu schwänzen“, meint eine Schülerin aus der 8. Klasse. „Ich will mich aber wirklich beteiligen und mich für Dinge einsetzen, die uns Jugendlichen das Schulleben erleichtern.“

Ein Beitrag von:
JMD Fürstenfeldbruck & Sabine Kehr / Servicebüro Jugendmigrationsdienste
Veröffentlicht: 21.06.2022

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