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JMD Respekt Coaches Rostock

Wir sind viele! Projekttage zur geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt

Was bedeutet Pansexualität? Woher weiß ich, welches Geschlecht eine Person hat? Was sind Pronomen und was sagen sie aus? Bei eintägigen Workshops konnten die Schüler*innen der 8. Klassen einer Rostocker Schule Antworten auf diese und andere Fragen rund um die Vielfältigkeit geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung finden.

Abbildung von Gegenständen, die auf dem Boden liegen.
Kinderspielzeug, Kleidung, Medien – Immer noch werden wir mit dem Bild der Zweigeschlechtlichkeit konfrontiert.

An der Rostocker Otto-Lilienthal-Schule fanden Anfang Mai zwei Projekttage zu den Themen geschlechtliche, romantische und sexuelle Vielfalt statt. Geplant wurden die eintägigen Workshops durch eine Mitarbeiterin des Programms Respekt Coaches des Jugendmigrationsdienstes der AWO Rostock, und umgesetzt durch das queere Antidiskriminierungsprojekt Qube aus Greifswald. Die Zielgruppe waren pro Projekttag circa zwanzig Schüler*innen der Rostocker Regionalschule im Alter zwischen 14 und 16 Jahren.

 

Er, han, they, sie, x, dey… Was sind deine Pronomen?

Bereits die Vorstellungsrunde schaffte den Teilnehmenden aller Geschlechter die Möglichkeit, sich vorzustellen und dafür zu sorgen, dass über sie mit einem Personalpronomen geredet wird, das für sie passend ist. Bei einigen sorgte der Einstieg für Irritation, aber auch für Verständnis – spätestens nachdem die Frage geklärt worden ist: Wofür ist das eigentlich gut?

Während vor allem die Annahme etabliert ist, es gäbe nur Frauen und Männer mit den zugehörigen Pronomen „sie“ und „er“, ist die Realität eine andere und die Teamer*innen der queeren Projekttage wollten dieser Realität gerecht werden. Mit der Vorstellungsrunde tauchten sie direkt ins Thema ein.

 

Die „Normalität“ hinterfragen

Die Teamer*innen des Vereins Qube zeigten den Schüler*innen Beispiele, bei denen unsere Gesellschaft Menschen in „männlich“ und „weiblich“ einteilt, in blau und rosa, in stark und schwach. Obwohl diese Einteilung weder die Biologie noch die Identitäten und Diversitäten vieler Personen widerspiegelt, sitzt das Bild der Zweigeschlechtlichkeit tief. Die Schüler*innen erarbeiteten daher Gründe für diese verbreitete Vorstellung. So diskutierten sie etwa über die Rolle von Medien, Schulbüchern und Erziehung und darüber, welche Auswirkungen es haben kann, wenn wir in den genannten Kategorien denken und kommunizieren. „Dieses Bewusstsein war bei einigen Jugendlichen schon ausgeprägt“, so die JMD-Mitarbeiterin. Eine Teilnehmerin berichtete ihr über Berührungspunkte mit dem Thema im privaten Umfeld, andere nehmen entsprechende Beiträge verstärkt über soziale Medien wahr.

Schnell stand für die Schüler*innen fest: Wer in die übliche Einteilung nicht reinpasst, kann sich leicht nicht „normal“ fühlen. Das betrifft unter anderem Personen, die sich weder Mann noch Frau zuordnen wollen; Personen, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen als das, was ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde oder Personen, die sich nicht (nur) von dem „entgegengesetzten“ Geschlecht angezogen fühlen. Dass diese Menschen benachteiligt und ausgegrenzt werden, liegt an Vorurteilen und den Bildern, die uns immer wieder zeigen: Es gibt eine bestimmte Geschlechterordnung. Diese Geschlechterordnung ist normal. Was normal ist, ist gut.

An der Leinwand befestigte Zettel mit der Aufschrift Diskriminierung, Vorurteil und Klischee.

Vollkommen von Klischees lösen können wir uns nicht, aber aktiv gegen Diskriminierung angehen.

 

LGBTIQ+ … Buchstaben über Buchstaben

Auch wenn Schüler*innen heute schon viel selbstverständlicher mit Begriffen aus der queeren Community in Berührung kommen, bleiben Unsicherheiten bestehen. „Mir war es wichtig, dass die Schüler*innen Wissen erlangen, um Berührungsängsten besser begegnen zu können und Handlungssicherheit zu bekommen“, erklärt die Respekt-Coaches-Mitarbeiterin eines der Ziele der Projekttage. Mithilfe der spielerischen Methode des Begriffe-Puzzles konnten die Schüler*innen Begriffe wie LGBTIQ+, Pansexualität, Transidentität oder Allosexualität kennenlernen und deren Hintergründe besser verstehen.

Ein echter Icebreaker für die Jugendlichen war die anonyme Fragebox“, so die Respekt Coachin. „Dadurch hatten sie die Chance, die Teamer*innen alles zu fragen, was sie an dem Thema oder auch an den Teamer*innen interessiert.“ Fragen zu potenziellen eigenen Coming-outs, den liebsten Zock-Gewohnheiten der Teamer*innen oder eigenen Diskriminierungserfahrungen konnten so niedrigschwellig von den Achtklässler*innen erfragt werden.

 

Diskriminierung hat viele Gesichter – was kannst DU tun?

Im letzten Teil des Workshops wurden die Jugendlichen aufgefordert, aktiv zu werden. Anhand von fiktiven Situationen, in denen Freund*innen Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung erfahren, sollten die Teilnehmenden Ideen sammeln, sich solidarisch zu zeigen und sich gegen Trans*-, Inter*- und Homofeindlichkeit stark zu machen. „Ich war überrascht, wie sensibel die Jugendlichen dabei waren, denn bei dem Thema ist Fingerspitzengefühl gefragt. Sie kamen auf gute Ideen, wie zum Beispiel hilfreiche Informationen herauszusuchen oder die Person zu einer Beratungsstelle zu begleiten.“

Die Ziele des Workshops waren klar daran ausgerichtet: Einerseits sollten queere Jugendliche empowert werden und sich als „Teil von vielen“ sehen. „Und Jugendliche, die dem normativen Bild von Geschlecht und Sexualität entsprechen, sollten die Möglichkeit bekommen, diese Normativität in Frage zu stellen, eigene Vorurteile zu erkennen, Wissen zu erlangen und Unsicherheiten abzubauen“, fasst die JMD-Mitarbeiterin zusammen. All das, um befähigt zu sein, gegen Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen laut zu werden und solidarisch mit marginalisierten Gruppen einzustehen.

Ein Beitrag von:
JMD Rostock / Servicebüro Jugendmigrationsdienste
Veröffentlicht: 08.07.2022

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